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UNO UND EU RECHNEN MIT LANGER PRASENZ IN AFGHANISTAN
Internationales Engagement könnte noch zehn Jahre dauern · Vereinte Nationen planen Konferenz für Januar · Wahlkampf läuft ruhiger als zunächst befürchtet
Von Sabine Muscat, Kabul Die internationale Gemeinschaft richtet sich darauf ein, dass sie ihre starke Präsenz in Afghanistan weit über die Parlamentswahl am 18. September hinaus aufrechterhalten muss. "Wir glauben alle, dass wir uns auf einen langfristigen Aufenthalt einrichten müssen", sagte der EU-Sonderbeauftragte für Afghanistan, Francesc Vendrell, der Financial Times Deutschland in Kabul. Bei der Uno laufen derzeit die Vorbereitungen für eine internationale Konferenz zu dem Thema. Sie soll voraussichtlich im Januar stattfinden, als Orte sind New York und London im Gespräch.
Als realistischen Zeitraum für ihren Einsatz in Afghanistan nennen Vertreter von Europäischer Union und Vereinten Nationen vor Ort mindestens die nächsten fünf Jahre, wenn nicht sogar die nächsten zehn. Auch finanziell rechnet Vendrell mit einem gleich bleibend hohen Bedarf. EU-Mitgliedsstaaten und Europäische Kommission haben seit Ende 2001 im Schnitt 800 Mio. Euro pro Jahr in Afghanistan ausgegeben. "Wir hoffen sehr, dass die europäischen Länder das Niveau halten. Sonst wären die früheren Ausgaben verschwendet", sagte Vendrell.
Ausländische Experten in Kabul sind derzeit verhalten zuversichtlich, dass die Wahlen wie geplant abgehalten werden können. Zwar haben bewaffnete Zwischenfälle in den unruhigen Landesteilen in den letzten Wochen zugenommen; sechs Parlamentskandidaten wurden in diesen Regionen Opfer von Anschlägen. Die befürchteten großen Terroraktionen sind jedoch bisher ausgeblieben. "Bis jetzt ist es bemerkenswert gut gelaufen", sagte Vendrell.
Allerdings steht ein großer Teil der politischen Arbeit noch bevor. Im Süden und Südosten des Landes kämpfen amerikanische und britische Truppen weiter gegen eine "militante Opposition", sprich: gegen Reste von Taliban und al-Kaida. Im Nordwesten sichern sich lokale Kriegsfürsten ihren Einfluss über Gewinne aus dem Drogengeschäft.
Der Aufbau politischer Parteien, zuverlässiger staatlicher Institutionen und einer Zivilgesellschaft stehen noch ganz am Anfang. "Zum ersten Mal seit 35 Jahren werden wir eine repräsentative und demokratische Regierung in Afghanistan haben. Aber wir werden noch keine demokratische Gesellschaft haben", sagte Vendrell.
"Wir stehen an der Schnittstelle zwischen dem Ende des Bonn-Prozesses und der Zeit danach", sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner, die sich gestern in Kabul und in Kundus über den Stand der Wahlvorbereitungen informierte. Der "Bonn-Prozess" ist das Synonym für die internationale Anstrengung zur Stabilisierung Afghanistans geworden. Der Stufenplan für die Demokratisierung des Landes, der nach dem Sturz des Taliban-Regimes im Dezember 2001 auf dem Petersberg bei Bonn vereinbart worden war, wird mit der Parlamentswahl abgeschlossen sein. Beinahe vier Jahre hat der "Bonn-Prozess" gedauert, der ursprünglich auf zweieinhalb Jahre angelegt war. Anders als zunächst geplant findet die komplexe Parlamentswahl beinahe ein Jahr nach der Präsidentenwahl statt, bei der Hamid Karsai im Amt bestätigt wurde. Die finanziellen Kosten wurden durch die Zweiteilung in die Höhe getrieben. 150 Mio. $ investierte die internationale Gemeinschaft in die Präsidentenwahl, die Kosten für die Parlamentswahl sollen nun sogar bei knapp 160 Mio. $ liegen. Mehr als elf Millionen registrierte Wähler werden nun am 18. September 249 Parlamentsabgeordnete wählen und über die Zusammensetzung der insgesamt 34 Provinzparlamente abstimmen.
"Es wird zwei bis drei Wahlen brauchen, bis das politische System stabil ist", sagte die frühere EU-Kommissarin Emma Bonino, die die 150-köpfige Wahlbeobachter-Mission der Europäischen Union in Afghanistan leitet. Frankreich hat bereits mit der Ausbildung von Parlamentsmitarbeitern begonnen, um die Grundlage für einen geregelten parlamentarischen Alltag zu legen.
Trotz des langfristigen Zeithorizonts warnte EU-Kommissarin Ferrero-Waldner, dass das internationale Engagement keine feste Institution werden dürfe. "Die Afghanen müssen schneller mehr Verantwortung für ihr Land übernehmen. Das haben wir aus den Lektionen aus dem Balkan gelernt", sagte sie. Sie forderte die afghanische Regierung vor allem auf, einen Finanzplan vorzulegen, um die Verwaltungskosten für die eigene Regierung künftig selbst tragen zu können. Sehr deutlich appellierte sie zudem an Hamid Karsai, die Korruption in den eigenen Reihen zu bekämpfen.
Eine stärkere politische Rolle der EU in Afghanistan, etwa wie im Balkan, lehnte der EU-Beauftragte Vendrell ab. Dazu mangele es Europa an geografischer und kultureller Nähe zu dem Land.
Auch der Kommandeur des deutschen Wiederaufbauteams in Kundus sagte, dass das Ziel des Abzugs stets vor Augen bleiben müsse. "Wenn man zu lange in Afghanistan bleibt, wird man nicht mehr als Gast gesehen", sagte General Bernd Kiesheyer der FTD. Den Vergleich mit dem Balkan, wo immer noch über die Status des Kosovo gestritten wird, lehnte auch er ab. "In Afghanistan ist bereits ein politischer Endstatus definiert", erklärte der General.
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